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Cherry Red Records – Remastered, Reissued & Expanded #44 Cherry Red Records – Remastered, Reissued & Expanded #44
Cherry Red Records – Remastered, Reissued & Expanded #44

Cherry Red Records/Rough Trade: Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!

Der SOUL TRAIN wird nicht Müde, darüber zu berichten: Soul, Funk und Jazz, aber auch Reggae, Folk und Avantgarde bis zu Rock, Pop und experimenteller, mehr oder weniger zeitgenössischer Musik aus Gegenwart und Vergangenheit brachten immer schon unzählige, große und kleine Klassiker, Stilblüten und obskure Trittbrettfahrer in Form von Künstlern, Alben und Labels hervor, welche bis heute die Klangfarbe des, im weitesten Sinne, Black Music-Genres bunter machen, nachhaltig verändern und schließlich ausmachen.

CherryRedRecordsRoughTrade-LogoSMALLDas britische Cherry Red Records-Label und der deutsche Rough Trade-Vertrieb veröffentlichen so regelmäßig große, kleine und bemerkenswerte Klassiker jener Genres aus dem letzten sowie dem aktuellen Musik-Jahrhundert erneut, gänzlich neu oder teils erstmalig auf CD heraus bzw. fassen Musik thematisch gebündelt auf Kompilationen unterschiedlicher Couleur zusammen.

Diese erscheinen, oftmals technisch überarbeitet, wahlweise als Reissue, als Album-Doppelpack (z.B. zwei Original-Alben auf einer CD), als Remastered Original-Album oder als Expanded Edition, Box Set oder Deluxe-Varianten mit einer Menge faszinierendem Zusatzmaterial wie Bonus Tracks jeglicher Couleur, Liner Notes von versierten Kennern, biografische und discografische Fakten, Fotostrecken, Coverabbildungen und allerlei weiteren interessanten Zusatzfeatures.

Der SOUL TRAIN nimmt sich im Rahmen dieser Kolumne regelmäßig diesen Klassikern, diesen Veröffentlichungen in neuem, teils edlem Gewand an und wird ausführlich über alle Aspekte der Veröffentlichungen wie die Musik, den bzw. die Künstler, den Sound, die Hintergründe, die Philosophie und nicht zuletzt das Produkt als Ganzes berichten.

Die SOUL TRAIN-Redaktion wünscht viel Spaß beim Lesen und Studieren sowie, last but not least, beim Hören!

FOLGE 44: Kid Haywoode & L.T.D. – Hollywood Deejays

Auch mit den sogenannten Pop-Eintagsfliegen und One Hit-Wonder befasst sich der SOUL TRAIN @ soultrainonline.de insbesondere im Zuge dieser ehrenwerten Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen, Neuerscheinungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade immer wieder.

So findet sich auch Sid Haywoode und ihr Mid-Eighties Monstercharthit „Roses“ im Fokus der heutigen, 44. SOUL TRAIN-Kolumne.

„Roses – Remix & Rarities“ ist nun eine Art versteckte Best Of-Kompilation über die heute noch nicht unvergessene Sid Haywoode, die stets unter ihrem Nachnamen firmierte, und die teilweise auch und sogar in den Stock-Aitken-Watermn-Hit Fleischwolf gezählt werden durfte.

Auf zwei Silberlingen zeichnet das zuständige Labels Cherry Pop hier noch einmal die Geschichte Haywoodes nach und tut dies auch anhand von wunderbaren Songs wie dem „Nick Martinelli Twelve Inch Mix“ von „A Time Like This“.

Der „Haywoode Megamix“ auf CD Nummer 2 unterstreicht dabei das Anliegen des Doppelpacks, tatsächlich als eine Art Musikgeschichtlicher Querverweis zu fungieren – Haywoodes frisches Soul Pop-Organ tut ihr übriges, diesen Eindruck gemeinsam mit dem mit Infotainment prall gefüllten mitgelieferten Booklet (CD) auch in der Retrospektive zu untermauern; fraglos ein erstes Highlight der heutigen Reissues-Kolumne.

Kid Creole And The Coconuts hatten stets eine besondere Rolle im Black Music-Firmament zwischen Soul, Funk, Latin, Pop und retrospektiver 20er Jahre-Ästhetik. Als diese 1990 ihr „Private Waters In The Great Divide“-Album herausbrachten, war der Zenith und die beste Zeit von Kid Creole And The Coconuts um August Darnell und Coati Mundi zugleich bereits überschritten; „You Shoulda Told Me You Were…“ ist derweil das zweite Album, das auf dem Reissue-Doppelpack von Cherry Pop zu finden ist.

Kid Creole And The Coconuts-Mastermind August Darnell ließ es sich nicht nehmen, selbst die Liner Notes im mitgelieferten Booklet zu beiden Alben, zweites übrigens erschienen 1993, zu verfassen.

Das Album macht dabei trotz seines Charakters als schwächeres Album von Kid Creole And The Coconuts eine hervorragende Figur und zeigt auf zwei Silberlingen und mit zahlreichen Bonus Tracks, dass die Band auch in ihrer Endphase unschlagbar cool war und bis heute einen ganz besonderen Status im Black Music-Kosmos inne hat.

Robinsongs gönnt L.T.D., einer der wohl coolsten aber auch etwas weniger bekannteren Funk- und Soul-Formationen der Siebziger und frühen Achtziger ein Doppel-CD-Pack, dass sich gewaschen hat.

Gleich vier ganze Alben der besten Ära von L.T.D. lässt das Label hier Revue passieren: „Something To Love“, „Togetherness“ und „Devotion“ sowie das legendäre „Shine On“-Album aus dem Jahren 1977, 1978, 1979 und 1980 lässt Robinsons hier einmal mehr aufleben und regelrecht aufblühen.

Gemeinsam mit den Liner Notes aus der Feder von Charles Waring dürfte das L.T.D.-Vierfach-Pack, erschienen als Doppel-CD ,sicher eines der ersten großen Highlights, vielleicht sogar DAS Highlight der heutigen Kolumne „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“, der SOUL TRAIN-Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen, Neuerscheinungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade sein.

„Shook, Shimmy And Shake. The Complete Recordings 1966 – 1970“ lautet der Name der Werkschau von Wynder K Frog, ursprünglich gedacht als Band-Vehikel für den Hammond-Spieler Mick Weaver.

Erschienen auf RPM Records zeigt das Dreifach-CD-Box Set mit den Neuauflagen der Alben „Sunshine Super Frog“ (1966), „Out Of The Frying Pan“ (1968) und das nur in den USA veröffentlichte „Into The Fire“ (1970) samt unzähligen Bonus Tracks, wie die britische Formation seinerzeit so amerikanisch klingen konnte – Soul, Funk und sogar Jazz und dezente, zeitgeistliche Momente aus Pop und Rock inklusive; ein umfangreiches mit Infotainment randvoll gepacktes Booklet veredelt das elegante Box Set und stellt somit einen weiteren Höhepunkt der heutigen SOUL TRAIN-Reissues-, Alben- und Kompilationskolumne.

„Coming On Strong – The Best Of The Deejays“, ebenfalls erschienen bei RPM Records, ist die offiziell erste CD-Kompilation überhaupt, die sich mit dem Schaffen der britischen Band The Deejays beschäftigt.

Die Band, die sich anfänglich Johnny Vallons & The Deejays nannte, präsentiert sich auf dieser Werkschau mit insgesamt 28 Tracks aus den Jahren 1965-1967 inklusive Highlights aus ihren Alben “Deejays” (1966) und “Haze” (1967) und einer damals ganz typischen Vermischung von Pop, Rock, Skiffle, Beat und dem unterschwelligen Empfinden von Mod und Soul, was die Musik der kurzlebigen Deejays noch einmal besonders macht.

Ausführliche Liner Notes von Andy Morten sowie eine Unmenge an Fotos und Abbildungen versüssen gerade den musikhistorischen Kontext des Albums, welches sich trotz der Charakteristik einer Kompilation absolut hören lassen kann.

Hollywood Beyond gehören ganz wie die eingangs erwähnte Haywoode vermutlich auch zum Kreise der sogenannten One Hit-Wonder, wobei ihr „What’s The Color Of Money“ ganz klar einer war, der bis in die Gegenwart strahlt und immer wieder als Inspiration für viele andere im Firmament von Soul ,Pop aber auch von Reggae und Rock’n’Roll-Gefühl genommen wird.

Gleich zwei CDs gönnt das zuständige Label Cherry Pop der Hollywood Beyond-Band-Reinkarnation bzw. Album-Neuauflage, des in der zweiten Hälfte der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts unglaublich erfolgreichen Albums, das hier mit Liner Notes von Michael Silvester bestückt wurde.

Gerade Fans des heute fast vergessen Hollywood Beyond Band-Konstruktes, einer Formation zwischen Charts, Pop aber auch Reggae, dürften von der Neuauflage von „If“, wie sich das entsprechende Album seinerzeit nannte, absolut begeistert sein.

Bobby Andy and Marcia Griffiths halten uns gänzlich in diesem vorab angedeutetem Reggae-Genre, auch, wenn es ganz typisch für das Reggae-Traumpaar war, ganz viel Soul-Ästhetik in ihre Kooperationen einzubringen.

„Young, Gifted And Black“ (1970) und „Pied Piper“ (1971) waren die ersten beiden einer Handvoll gemeinsamer Alben des Duos, zugleich die beiden einzigen auf dem legendären Trojan Records-Label, die nun gemeinsam erneut auf eine CD gebannt wurden.

Das Doctor Bird-Label veröffentlicht die zwei wunderbaren Roots Reggae-, Rock Steady-, Lover’s Rock- und Soul Reggae-Meisterwerke unter Zuhilfenahme eines äußerst umfangreichen Booklets, das keine Wünsche an die Adresse von Infotainment offen lässt und Fans von Reggae der Ära Early Seventies entzücken wird, dem „Jamaican Mix“ von „Young, Gifted & Black“ als einzigem Bonus Track inklusive.

Bleiben wir bei Reggae und beim Doctor Bird-Label: Lee ‚Scratch‘ Perry und The Upsetters veröffentlichten gegen Ende der Sechziger Jahre und beginnenden Siebziger Jahre diverse, heute kultige Alben zwischen Rock Steady und instrumentalen Reggae-Verstimmungen jeglicher Couleur, die allesamt den Titelhaften Fokus auf das Spaghetti-Western-Filmgenre hatten; eine damals im Reggae-Genre sehr beliebte Analogie auf die Coolness der eigenen Musik.

So sind auch „Return Of Django“ und „Eastwood Rides Again“ zwei echte Klassiker der Upsetters und erhalten nun dank Doctor Bird eine verdiente Neuauflage.

Die inssgesamt 26 Tracks auf einer CD leben dabei so wie schon die Alben-Bündelung von Bob Andy und Marcia Griffiths insbesondere vom umfangreichen Infotainment im mitgelieferten Booklet, bei dem es sich Lee ‚Scratch‘ Perry-Biograf David Katz nicht nehmen ließ, selbst zum Stift zu greifen.

Themenwechsel. Bronski Beat hatte mit Falsettstimme Jimmy Somerville Anfang der Achtziger Jahre riesige Erfolge im Rahmen von Post Punk, Synthie Pop, New Wave und Chartpop zu verzeichnen, bevor der Frontmann eigene Wege ging. Steve Bronski beschloss vor einigen Jahren, Bronski Beat neu zu beleben und mit neuem Sänger neu zu initiieren. Heraus kam „The Age Of Reason“, eine Art Neuaufnahme des klassischen Albums „The Age Of Consent“, dem heute legendären Bronski Beat-Debütalbum von 1984.

„The Age Of Remix“ bringt nun ganze drei CDs lang jenes neu aufgelegte „The Age Of Reason“ eben im Remix-Kleid neu heraus, was das zuständige Label Strike Force Entertainment auch dazu veranlasste, auf CD3 einen „Continuous Mix“ zu präsentieren, der von Sordid Soundz zusammengeschraubt wurde.

Wem schon die Album-Neuerfindung „The Age Of Reason“ weniger behagte, wird hier zumindest durch die teils kongeniale Beatvernetzung belohnt, obwohl auch das die tatsächlichen Fragen zum Warum des unverfälscht zeitlosen Bronski Beat (des ersten, originalen Line Ups aus den frühen Achtzigern mit Jimmy Somerville) in das „neue“ Bronski Beat nicht beantworten kann.

Bleiben wir im Post Punk und allen stilistischen Blüten, die jene Ära mit sich brachte. Als eine der erfolgreichsten Vertreterinnen der Post Punk-Ära brachte die Britin Hazel O’Connor zum Ende der Siebziger Jahre und in den Achtziger Jahren diverse Alben heraus, welche ihr immensen Erfolg bescheren sollte.

„Sons And Lovers“ von 1979 war ihr zweites Album und erscheint nun über Strike Force Entertainment als Expanded Edition erneut auf dem Markt.

Mit immerhin fünf Bonus Tracks, darunter gleich zwei Versionen ihres „D-Days“-Hits, ausführlichen Liner Notes und den Texten im mitgelieferten Booklet ist „Sons And Lovers“ sicher keine Kost für die ganz breite Masse, dürfte aber Fans von Hazel O’Connor in Verzücken versetzen, was vielleicht sogar noch viel mehr für die britische Yachts-Band gilt.

Diese gründete sich 1977, nur, um sich 1982 und nach zwei Alben und einer Reihe Singles direkt wieder aufzulösen, schaffte es jedoch, eindeutige Spuren im Firmament des Rock und der Punk-Attitüde zu hinterlassen.

Immer wieder geführt als Power Pop und New Wave-Vehikel zeigt die erstmalige, komplette Werkschau „Suffice To Say – The Complete Yachts Collection“ (Cherry Red Records) nun mit immerhin drei CDs und verpackt in ein hochwertiges Box Set, was die britische Band tatsächlich ausmachte und nimmt die eigene Veröffentlichung zum Anlass, gleich mit einem bis zum Rand gefüllten Booklet die Infotainment-Fans zufrieden zu stellen: Selten hat die nachwievor als Nischendasein gehandelte Yachts-Formation so viel inhaltliche Aufmerksamkeit bekommen wie im drei Silberlinge und insgesamt 43 Songs langen „Suffice To Say – The Complete Yachts Collection“.

Ähnlich edel verpackt und nahezu genauso vollständig macht sich „35 – The Collection 1985-2015“, die wunderschön gemachte Werkschau als 5-fach CD-Box Set von The Essence ans Werk.

Eigentlich eine niederländische Band wird The Essence heute im wesentlichen als britische Punk-, Post Punk- und New Wave-Band wahrgenommen, deren höchster Wiedererkennungswert zumindest für die breite Masse wohl die immer wiederkehrende stilistische Ähnlichkeit zu The Cure war – gerade die Stimme von Frontmann Hans Diener kommt der von The Cures Robert Smith auch und besonders in der Retrospektive unglaublich nah.

Dieser steuerte auch gleich die umfassenden Sleeve Notes zur hochwertigen „35 – The Collection 1985-2015“-Box (ebenfalls direkt bei Cherry Red Records erschienen) mit den neu abgemischten 77 (!) Titeln bei, was die umfassende Sammlung auch für The Essence-Fremde durchaus attraktiv werden lässt, ein Umstand, der es für das „Complete Works Of Edgard Varèse Volume 1“-Box Set mit seinen drei CDs umso schwerer macht, ist doch das schiere Thema noch einmal deutlich weniger breitentauglich als das von The Essence und ihrer Werkschau.

Edgard Victor Achille Charles Varèse war ein französischstämmiger Komponist, der sich zu avantgardistischer Musik hingezogen fühlte und beeindruckende, sehr eigene Kompositionen ablieferte, die ebenso in Klassik und Jazz und bildhaften Kopfkino-Momenten wie in experimenteller Musik Zuhause waren.

„Complete Works Of Edgard Varèse Volume 1“, erschienen über Èl Records, zeigt liebevoll aufbereitet und mit Fotostrecken, Hintergrundinfos und Klappentext bestückt, welchen einzigartigen, heute fast vergessenen Status Edgard (das „d“ am Ende des Vornamens hat es übrigens sozusagen nicht durch den Verlauf seiner Karriere geschafft…) Varèse gerade in der Retrospektive ausfüllt.

Nicht weniger introvertiert und speziell ist der Sound von Yuka & Chronoship, deren neues Album „Ship“, erschienen bei OMP Company, sich unter anderem mit der griechischen ARGO-Mythologie befasst und einen Bogen spannt zwischen klassischem Prog Rock, dem Electric Light Orchestra und Bombast Instrumental Rock, was dem Sound des Albums einen regelrecht fulminanten Abgang gibt.

Frontfrau und Namensgeberin Yuka Funakoshi und ihre drei Chronoships Shun Taguchi (Bass), Takashi Miyazawa (Gitarre) und Ikko Tanaka (Schlagwerk) laufen hier nach vorne, sind aber auch so verspielt, dass ihr Sound jenen des improvisatorisch und freidenkend geprägten Jazz-Genres durchaus die Hand reichen kann – ein anderes, in den besten Momenten großartiges Album, das sicher auch dank Gast Sonja Kristina von Curved Air begeistern dürfte.

Ein neues Album gibt es auch von Luke Haines. „I Sometimes Dream Of Glue“ lautet der vieldeutige Titel des neuen Werkes, welches sich 14 Titel lang selbst Fragen zu Folk, zu keltischen Wurzeln, zu Rock und Singer/Songwriter aber auch zu annähernd populärer Musik stellt, die es selbst nur bedingt beantworten kann.

Erschienen direkt bei Cherry Red Records macht Luke Haines (The Auteurs, Baader Meinhof und Black Box Recorder) auf „I Sometimes Dream Of Glue“ aus seiner Affinität für geheimnisumwitterte, unvorhersehbare, musikalische und inhaltliche Themen keinen Hehl und lädt somit überdeutlich ein, sich das Werk wiederholte male anzuhören um in deren vollumfänglichen Genuss zu kommen, eindeutig zweideutige, überblumige Texte und ein wunderbar verspieltes Artwork inklusive.

Mit Peter Banks, der eigentlich Peter William Brockbanks hieß und der breiten Masse hierzulande wohl am ehesten als Mitglied von Yes in aller Munde, Verzeihung, aller Ohr sein dürfte, setzt sich die Einzigartigkeit und Vielfältigkeit und auch ein wenig die Unvorhersehbarkeit in Musik überhaupt, ganz egal welcher stilistischen Couleur, wie sie Luke Haines proklamiert, fort: Gleich zwei neue Veröffentlichungen beschäftigen sich mit dem unvergessenen Schaffen, dem Solo-Schaffen des britischen Rock-Gitarristen.

Da wäre zum einen die „Self-Contained Trilogy“, die auf drei CDs die Werke „Instinct“ (1994), „Self-Contained“ (1995) und „Reduction“ (1997) erneut ausleuchtet und die insgesamt 45 Songs der drei Sets in einen gemeinsamen Kontext drückt – interessant.

Dieses Jahr feiert Yes nicht nur seinen 50. Geburtstag, sondern ist zugleich auch der fünfte Todestag von Yes-Gründer Peter Banks, dem mit diesem Dreierpack, erschienen über The Peter Banks Musical Estate, aber auch mit dem zweiten Peter Banks-Album dieser ehrenwerten Kolumne, „Be Well, Be Safe, Be Lucky… The Anthology“ auf zwei CDs und ebenfalls bei The Peter Banks Musical Estate erschienen, ein Denkmal gesetzt wird.

„Out To Sea“ ist das Debütalbum des The Dave Kerzner Band-Gitarristen und Bassisten Fernando Perdomo, das, erschienen auf Forward Motion Records, Progressive Instrumental Rock lediglich als Sprungbrett versteht, sich auszudrücken – ein intelligentes Stück Prog Rock mit Aussichten auf alle Arten von musikalischem Wetter, übrigens in Eigenregie geschrieben und produziert.

In wunderbar retrospektivem Cover-Artwork eingelagert macht das Album sicher auch für Prog Rock- und Instrumental Rock-Fremde einen hervorragenden Eindruck, den man sich aber auch erst einmal zutrauen muss, ein Charakterzug, der auch Martin Turner, ehemaliger Gründer, Keyboarder, Sänger und Frontmann von Wishbone Ash, für sich beansprucht.

„The Beauty Of Chaos – Live At The Citadel St.Helens 26th February 2016“ lautet der etwas sperrige Titel des auf Dirty Dog Discs erschienenen CD/DVD-Doppelpacks, das Turner in bester Live-Attitüde zeigt und eben jene ausufernde Stilfreudigkeit und den starken Nach-Vorne-Zug seiner Musik unterstreicht – ein Brett an Album, das allerdings einmal mehr insbesonders echte Fans von Martin Turner und/oder Wishbone Ash begeistern dürfte, was sicher auch für ein weiteres, neues Samson-Box Set gilt: „Look To The Future, Refugee & P.S….“ fasst bereits im eigenen Titel die drei Samson-Alben aus den Jahren 1989, 1990 und 2006 zusammen, und schafft dies auch anhand der zahlreichen Bonus Tracks, die zumindest „Look To The Future“ und „Refugee“ gegönnt wurden.

Erschienen auf HNE Recordings liefert das wunderbare, solide und mit dem für ungeschulte Ohren etwas wüsten Sound von Samson infiltrierte, fast zu edle Box Set insgesamt 41 Songs an, die besonders und einmal mehr Samson-Fans ein Zungenschnalzen entlocken wird.

Nick Currie alias Momus aus Schottland steht im Mittelpunkt einer kleinen Veröffentlichungsoffensive von Cherry Red Records. Gleich zwei Pappschuber-Box Sets, „Create 1-Procreate“ sowie „Create 2-Recreate“, fassen insgesamt sechs Alben des Post Punk-, New Wave- Pop- und Rock-Innovators zusammen, wobei bereits der „Create 1-Procreate“-Titel den Beginn des Veröffentlichungs-Duos erläutert und die ersten drei Alben vom Creation Records anführt („The Poison Boyfriend“, „Tender Pervert“ und „Don’t Stop The Night“), während „Create 2-Recreate“ sich die letzten drei Sets Momus‘ des Creation Records-Labels einverleibt („Hippopotamus“, „Voyager“ und „Timelord“).

Das klassische Material wurde samt etlicher Bonus Tracks umfassend technisch überarbeitet und mit umfassenden Klappentexten bestückt, ein Umstand, den besonders waschechte Fans von Momus in regelrechte Begeisterungsstürme bringen wird – Brüller.

Ebenfalls als Zweifach-Reissue-Doppelpack geben sich einmal mehr The Residents die Ehre, deren Output bis in die Gegenwart uneingruppierbar strahlt, polarisiert und beeindruckt. „Fingerprince“ von 1977 und „Duck Stab/Buster & Glen“ aus dem Folgejahr 1978 wurde hier eine umfassende Remastered-Generalkur gegönnt und macht auf zwei Box Sets in eleganten Pappschubern, erschienen bei The Cryptic Corporation, zugleich auch durch die jeweils zweite CD eine hervorragende Figur, auf welchen nicht nur rares Material, sondern sogar bis dato Unveröffentlichtes von The Residents herangezogen wurde, die einzigartige Bandkonstruktion erneut mit Kribbeln in den Fingern und den Gehörgängen hervorzuheben – recht so.

„Personality Crisis: Live Recordings & Studio Demos 1972-1975“ lautet der abendfüllende Titel des immerhin fünf CDs langen, superedlen Box Sets der New York Dolls, denen hier ein echtes Denkmal gesetzt wird.

Gegründet im Big Apple 1971 machte die Hard Rock-Band, oftmals schlicht unter „Dolls“ firmierend, keinen Hehl aus ihrer doch recht konsequenten Hard Rock-Ideologie, die ihnen auch und im Besonderen im Zuge dieser ehrenwerten Kompilation nachzuhören aber auch nachzuempfinden ist, erschienen übrigens direkt auf Cherry Red Records.

Das üppige, inkludierte Booklet liefert samt Fotos und zahlreichen Abbildungen und discografischen und biografischen Querverweisen auch dank des umfangreichen Klappentextes von David Wells echtes New York Dolls-Input, welches die Wertigkeit der insgesamt immerhin 92 (!) Songs des Box Sets inklusive zahlreichen Live-Mitschnitten und Demos glorreich bebildert.

„Burning Britain – A Story Of Independent UK Punk 1980-1983“ lautet der ebenfalls abendfüllende Titel eines vier CD langen, hochformatigen Box Sets, dass seine Ankündigung im Untertitel mit großartigem Gefühl für Zeitgeist und Ideologie des Punk umzusetzen versteht.

Insgesamt tummeln sich hier sage und schreibe 114 (!) britische Punk-Perlen, die nahtlos in die Post Punk-Ära (in den Jahren des Box Sets, 1980-1983, war das echte, britische Punk-Phänomen eigentlich schon wieder vorbei) hinübergleiten. Wie gut das funktioniert bebildern hier Bands wie 4 Skins, Chelsea, The Damned, The A-Heads, The Vibrators, Rudi, The Mob, No Choice, The Blood, The Genocides, Kronstadt Uprising oder, wie sollte es anders sein, die Cockney Rejects.

Das direkt über Cherry Red Records erschienene Box Set überzeugt eben diese vier Silberlinge lang mit absoluter UK Punk- und Post Punk-Wucht und punktet, wie sollte es anders sein, auch an der Infotainment-Front: Das inkludierte, Buchartige Innere der Edition liefert alles Wissenswerte über alle vorhandenen Bands, Künstler und Projekte und setzt mit einem Klappentext von Ian Glasper und unzähligen Cover-Abbildungen und Fotos einen Glanzpunkt auf die Geschichte von UK Punk – der Musik, aber eben auch der Musik- und Popkultur.

Lassen wir Punk Punk sein und gleiten ab in deutlich harmonischere und, sind wir ehrlich, schmalzbackenere Sphären: Die beiden späten Alben der in den Siebziger Jahren immens erfolgreichen, britischen Formation The New Seekers, gegründet 1969 von Keith Potger nach der Auflösung seiner ersten Band The Seekers, „Together“ und „Farewell Album“, beide aus dem Jahre 1974, zeigt die Formation einmal mehr zwischen dem Pop der Ära, aber auch mit Querverweisen auf Rock, Folk und sogar Country und Soul und erfährt nun durch 7T’s Records eine verdiente Wiederbelebung, die an dieser Stelle so langsam aber sicher das Ende der heutigen Ausgabe von „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“, der SOUL TRAIN-Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade einläutet.

Zwei CDs und immerhin insgesamt 34 Songs lang, davon etliche Bonus Tracks, darunter auch diverse des The New Seekers-Spin Off-Bandkonstruktes Peter, Paul & Marty, präsentiert die Doppel-CD hier eine Band, die ihren Zenith und auch ihren damit verbundenen, weltweiten Charterfolg bereits hinter sich gelassen hatte, aber nachwievor stilistisch gerade aufgrund der eigenen Verspieltheit und der stetigen Anbändelung mit Harmonien und Melodien überzeugen konnte.

Umfangreiche, inkludierte Liner Notes und zahlreiche Abbildungen unterfüttern die Album-Neuauflage, ein Faktor, den man niemals unterschätzen sollte, was die nächste Veröffentlichung eindeutig und, noch viel wichtiger, nachhaltig belegt: „Fab Gear – The British Beat Explosion And Its Aftershocks 1963-1967“ ist nicht nur der abendfüllende Name des sechs CD starken Box Sets im schicken Hochformat aus dem Hause RPM Records, es ist auch das klare musikalische Programm der enthaltenen immerhin insgesamt 185 (!) Beat-Perlen unser britischen Nachbarn jener Ära in den Sechzigern, der großen Ära von Beat, Skiffle und Co.

Die Namen der Bands und Künstler schwingen sich von The Monotones, The Chapters, The Clockwork Oranges, The Brood, The Cherokees, The Newtons, The Xit, Outer Limits oder David & Jonathan über The Wackers, The Sheffields, Peter Jay & The Jaywalkers, Grant Tracy, The Cymbaline und The Limey bis zu den größeren Namen des Genres wie Mickey Finn & The Blue Men, The Moody Blues, The Searchers, The Tremeloes, The Gremlins oder gar The Kinks, um nur einige ganz wenige zu nennen.

Zweite tragende Säule vom eleganten „Fab Gear – The British Beat Explosion And Its Aftershocks 1963-1967“-Box Set ist dabei neben der Musik fraglos das mitgelieferte Infotainment zu jeder der Band- und Künstlerunternehmungen des Über-Samplers und seiner sechs Silberlinge sowie die Sleeve Notes als Einführungstext aus der Feder von Nick Warburton und Bruce Welsh, entstanden unter der Mithilfe von David Wells – schöne Sache.

Ob und wenn ja in welchem Umfang „Fab Gear – The British Beat Explosion And Its Aftershocks 1963-1967“ als Beispiel für die unzähligen Veröffentlichungen des britischen Beat-Universums herhalten kann, darf, soll oder dies bestens tut, sollte jeder echte Beat- und Skiffle-Nerd selbst für sich entscheiden – der Grundstein, auch zum Einstieg ins Genre, hätte mit dem lohnenswerten, unterhaltsamen Box Set sicher kaum besser sein können.

Und damit wären wir auch schon wieder am Ende der heutigen, immerhin 44. Folge von „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“, der SOUL TRAIN-Reissues- und Kompilations-Kolumne, die wir wieder traditionsgemäß mit zwei Veröffentlichungen aus dem weitläufigen Country & Western-Bereich begehen: Martin David Robinson alias Marty Robbins aus Arizona war nicht nur aufgrund einer schieren Flut an Alben, die er zwischen 1956 und seinem viel zu frühen Tod 1982 aufnahm eine der echten Ikonen des Country-Genres, dem nun seitens Morello Records ein kleines, vier Alben langes Denkmal gesetzt wird, das, auf zwei CDs verteilt, zeigt, was Marty Robbins tatsächlich ausmachte.

„The Drifter“, „Saddle Tramp“ (CD1) sowie „What God Has Done“ und „Christmas With Marty Robbins“ (CD2), allesamt aus den Jahren 1965 bis 1967, bebildern die starken Geschichten des Marty Robbins nachhaltig und überzeugen auch in der Neuauflage trotz des Fehlens jeglicher Bonus Tracks mit der schieren Musik und den, typisch für Morello Records, knackigen Liner Notes von Tony Byworth, der auch den Klappentext zur letzten Vorstellung der heutigen SOUL TRAIN-Reissues-, Alben- und Kompilationskolumne geschrieben hat: Tammy Wynette ist es mal wieder vergönnt, hier den Kolumnen-Absacker zu mimen.

„2 Classic Albums On 1 CD“ lautet der Name der Morello Records-Reihe, der sich dieses mal „Your Good Girl’s Gonna Go Bad“ von 1967 sowie „Take Me To Your World/I Don’t Wanna Play House“ der Frau Wynette von 1968 anschließt.

Seinerzeit beide erschienen bei Epic Records zeigen die Alben eine Virginia Wynette Pugh alias Tammy Wynette auf dem ersten Siedepunkt ihres Sangestechnischen Schaffens und ihrem besonderen Schmelz in der Stimme; zwei ihrer ersten Alben überhaupt, auf denen sie sozusagen stellvertretend für eine ganze Generation eine neue Zeitrechnung in den angestaubten Country-Kosmos gab, der sie bis heute zur ungekrönten und unvergessenen Königin des Genres macht. Zwar muss auch das Album-Doppelpack auf einer CD, „Your Good Girl’s Gonna Go Bad“/“Take Me To Your World/I Don’t Wanna Play House“, ohne Bonus Tracks auskommen, doch wer braucht schon Extras, wenn die Musik selbst so charakterfest und schlicht gut ist wie hier?!

Damit wären wir auch schon am definitiven Ende der heutigen, 44. Folge von „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“, der Kolumne mit Kompilationen, Werkschauen, Reissues, neuen Alben und Neubearbeitungen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade in Deutschlands Soul Musik-Magazin Nr. 1 – dem SOUL TRAIN @ soultrainonline.de. Wir sehen, sprechen, lesen uns in Folge 45!

[Der SOUL TRAIN @ soultrainonline.de berichtete immer wieder, in vielen Fällen wiederholte male über die meisten der in dieser Kolumne genannten Musiker, Komponisten, Produzenten, Arrangeure, Schauspieler, Autoren, Künstler, Bands, Musikprojekte, Labels und Co. Alle in dieser Kolumne vorgestellten Veröffentlichungen sind grundsätzlich entweder als Einzel-CD, Mehrfach-CD bzw. als Box Set erschienen und sind zu beziehen und werden vermarktet und vertrieben über Cherry Red Records/Rough Trade!]

© Michael Arens

SOUL TRAIN HOT TIP!

Haywoode – „Roses – Remix & Rarities“
Kid Creole And The Coconuts – „Private Waters In The Great Divide/You Shoulda Told Me You Were…“
L.T.D. – „Something To Love/Togetherness/Devotion/Shine On“
Wynder K Frog – „Shook, Shimmy And Shake. The Complete Recordings 1966 – 1970“
Bobby Andy and Marcia Griffiths – „Young, Gifted And Black/Pied Piper“