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Organ Explosion – Kontrollierbarer Kosmos Soul Organ Explosion – Kontrollierbarer Kosmos Soul
Aktuelles Album: Organ Explosion – Level 2 (Enja Records/Soulfood) Es ist alles andere als unbegründet, dass wir im SOUL TRAIN das selbstbenannte Debütalbum des... Organ Explosion – Kontrollierbarer Kosmos Soul

Aktuelles Album: Organ Explosion – Level 2 (Enja Records/Soulfood)

Es ist alles andere als unbegründet, dass wir im SOUL TRAIN das selbstbenannte Debütalbum des charismatischen Organ Explosion Trios als „Arschcoolsploitation vom gemeinsten “ eingeordnet haben (ST#65).

Mit ihrem zweiten Album „Level 2“, setzen Organist und Keyboarder Hansi Enzensperger, Bassist Ludwig Klöckner und Schlagzeuger Manfred Mildenberger alias Organ Explosion sogar noch einen drauf und drehen den überaus sympathischen und charakterfesten, plüschigen Easy Listening-Plastikbomber auf eine Reise, die bei gleichzeitiger Jazz-Handwerkskunst die Retro-Idee im analogen Groove der explodierenden Organisten tatsächlich explodieren lässt.

Siebziger Jahre TV-Serien-Soundtrack-Charme á la Christian Bruhn, Ingfried Hoffmann und Co. (der SOUL TRAIN berichtete) bestimmen das süffisante Bild, das rein musikalisch und nur fürs Protokoll aus Jazz, gelegentlichem Blues und vor allen Dingen Strukturen aus Soul, Funk und Blaxploitation besteht – groovy!

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Aktuelles Album: Organ Explosion – Level 2 (Enja Records/Soulfood)

Welche Auswüchse der cineastische Feinsinn bei „Level 2“ hat zeigt auch und im Besonderen das augenzwinkernde Artwork des Albums (CD) und liefert gleich eine spannende Weltraumposse mit den drei Stooges Enzensperger, Klöckner und Mildenberger alias „Key Commander“, „Bassline Navigator“ und „Chief Rhythm Engineer“ als Kirk, Spock und Pille auf Schlumpfeis bei starker Orgel-Abhängigkeit – ein Fall für die SOUL TRAIN-Heilanstalt des Professor Bringman Tha Vibe – oder so.

Vergessen wir zugleich aber nicht, dass sich hinter „Level 2“ von Organ Explosion mit seinen neun selbst geschriebenen und selbst produzierten Titeln durchaus auch musikalische Harmonien und Melodien und ein Konzept stecken, was, den Humor mal ganz sich selbst überlassend, durchaus Hand und Fuß hat, das Organ Explosion-Trio endgültig den Weg in die so genannte E-Musik zu asphaltieren – doch dazu später mehr.

Der SOUL TRAIN wagte sich in die Welt der unbekannten Lebensformen und neuen Zivilisationen, die nie ein Mensch zuvor gesehen oder gehört hat, vor, und schickte Organ Explosion das Überlichtshuttle, im exklusiven Interview die dringlichsten Fragen zu „Level 2“, zu ihnen selbst sowie über die Befindlichkeiten der 5. Groove-Dimension zu stellen…

Ganz dem Kopfkino, dass „Level 2“, welches übrigens und selbstredend auch auf schwarzem Gold – Vinyl – erscheint, erzeugen will und erzeugt, teilen Hansi Enzensperger, Ludwig Klöckner und Manfred Mildenberger alias Organ Explosion ihre Erfahrungen, Befindlichkeiten und Einblicke gerne und mit doppelbödigem, augenzwinkerndem Seitenhieb („Wir haben also das Kontrollierbare kontrolliert und dem Unkontrollierbaren immer seinen Platz gewährt…“) und lassen keine neonorangefarbenes Details aus – los geht die Reise im (noch) unbekannten aber wagemutigen Organ Explosion-Raumschiff in die Neutrale Zone des feinen Grooves…

Michael Arens: „Glückwunsch zu „Level 2“ – ein sehr geiles, wunderbar raues, ehrliches Album, welches dort ansetzt, wo euer letztes Werk aufhörte, mit dem Unterschied, dass hier alles noch energetischer, fetter, irgendwie noch cooler klingt – ich hätte nach „Organ Explosion“ nicht gedacht, dass das geht… Wie geht es euch mit dem Album? Entspricht das fertige Werk dem, was ihr euch vor dem viel zitierten Gang ins Studio zurecht gelegt hattet?“

Organ Explosion: „Dass unser Album so wird, wie es nun geworden ist, konnten wir im Vorfeld nur sehr grob erahnen. Uns war klar, dass wir bei „Level 2“ mehr mit Synthesizern und Overdubs arbeiten wollen und diese Entscheidung auch Auswirkungen auf den Sound haben wird. Der größte Teil der Stücke entstand tatsächlich erst während dem Aufnehmen im Studio, so dass das fertige Album für uns so nicht vorhersehbar war. Wir haben bei den Aufnahmen den für uns perfekten Mix aus festem Arrangement und spontaner Improvisation gefunden. Teils wurden spontane Ausflüge bei den Aufnahmen festgehalten, ausgebaut und mit weiteren Instrumenten aufgeblasen; das bringt eine Unberechenbarkeit in die Songs die uns gefällt. So dürften Parts aus dem Bauch entstehen, die es auf Blatt Papier nie geben könnte. Wir haben also das Kontrollierbare kontrolliert und dem Unkontrollierbaren immer seinen Platz gewährt. Denn beides ist für uns gleichermaßen wichtig, ohne Spontaneität geht bei uns oft der Spaß verloren, und den wollten wir unbedingt vermitteln. Ganz nach dem Motto: leg‘ diese CD auf, und dir wird es besser gehen als vorher!“

Michael Arens: „Erzählt mir von der eigentlichen Entstehung des Albums!“

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Organ Explosion („Bassline Navigator“ Ludwig Klöckner, „Key Commander“ Hansi Enzensperger und „Chief Rhythm Engineer“ Manfred Mildenberger, v.l.n.r)

Organ Explosion: „Aufgenommen wurde das komplette Album in Manfreds über 100m² großem Studio auf dem ehemaligen Gelände der „Kultfabrik“ in München, welches wir für die Arbeitsphasen unser Eigen nennen dürfen. Das Gelände ist einmalig in München, es ist ein ehemaliges Fabrikgelände wo sich viele Kreative versammeln. Designer, Musiker, Handwerker oder auch Softwareentwickler arbeiten dort. Ein Ort, der noch nicht glatt gebügelt ist, und das, obwohl er relativ zentral in der Stadt liegt. In diesem Studio genießen wir die luxuriöse Situation keinen Zeitdruck zu spüren. Wenn es läuft, machen wir weiter, und wenn es irgendwo hakt, machen wir eine ausgedehnte Pause oder verschieben es auf den nächsten Tag. Man kann sich so auch gewagte und aufwändige Experimente leisten, ohne gleich wieder auf die Uhr schauen zu müssen. Das Studio ist der optimale Platz für unsere Aufnahmen, die Liste der Vorteile ist lang, die Technik, die Räume und der Standort sind ideal für uns. Meist arbeiten wir an zwei oder drei Stücken parallel…“

Michael Arens: „Ein ganz schönes Arbeitspensum. Bringt das keine Verwirrung?“

Organ Explosion: „Man kann so an einem Tag zwischen den Stücken hin- und herspringen, quasi kurzfristig immer wieder Abstand zum Lied gewinnen um wieder alles klar und neutral beurteilen zu können. Das ist für uns so am effektivsten, da man sich nicht stundenlang in eine Sache verzettelt ohne es zu merken. 80% der Stücke sind Kompositionen von Hansi. Manfred und Ludwig steuern je einen Titel bei. Und ein weiterer ist komplett zu Dritt entstanden. Zuerst bekommt jeder ein Leadsheet auf dem Melodie, Akkorde und ein grober Ablauf notiert sind. Manchmal gibt es auch eine kleine Vorproduktion, oder das Lied wird kurz am Piano angespielt, um so eine ungefähre Vorstellung des jeweiligen Stückes zu entwickeln. Nach dem ersten gemeinsamen Anspielen werden Stärken oder Schwachpunkte der Stücke deutlich. Da beginnt das gemeinsame Arbeiten dann erst richtig. Das perfekte Tempo finden, Soundideen sammeln, Ablauf optimieren. Es wird solange gespielt, bis jedem von uns klar ist, was hinter der Nummer stehen kann. Quasi eine Welt, die der Song vermitteln soll. Das ist das Wichtigste – denn nur wenn uns Musikern selbst klar ist, was dahinter steckt, kann sich beim Hörer etwas derartiges aufbauen: Ein Bild, eine Geschichte oder ein Gefühl. Eine sehr sensible Arbeit….“

Michael Arens: „…die eine sensible Freundschaft oder zumindest Kameradschaft erfordert.“

Organ Explosion: „Wir Drei verbringen Wochen damit, gemeinsam sehr intim zu arbeiten. Da steckt jeder mit seiner ganzen Persönlichkeit und Kreativität drin. Albumaufnahmen sind so vielschichtig, da kommen permanent Fragen, auf die geantwortet werden müssen. Unterm Strich ist die größte Herausforderung beim Aufnehmen das ständige „Entscheidungen treffen“. Und zwar nicht jeder für sich, sondern Dinge, die in der Regel alle Musiker betreffen. Alles beeinflusst sich gegenseitig. Man muss sich gegenseitig Platz gewähren, ständig Rücksicht nehmen, im richtigen Moment aktiv sein, dann wieder in eine passive Rolle schlüpfen können. Das strengt an – und geht naturgemäß nicht immer reibungsfrei von statten. Wo Energie ist, ist auch oft Reibung. Mit der Zeit lernt man diese Reibung als positiv zu werten. Und unsere Band wächst mit ihren Aufgaben. So gehen wir aus dieser Produktion ganz sicher gestärkt raus.“

Michael Arens: „Umberto Echo (der SOUL TRAIN berichtete unzählige male, Anm. d. Verf.), der immer wieder auch Reggae-Themen bearbeitet, war für das Abmischen von „Level 2″ verantwortlich. Wie groß war seine Rolle bzw. sein Einfluss auf das Album bzw. den Sound und den instrumentalen Charme des Albums?“

Organ Explosion: „Der Gedanke war, dem Album von der Klangästhetik her einen sehr charakterstarken Ausdruck zu geben, der sich weg von „klassischen“ Jazzaufnahmen hin zu einen freshen, sehr modernen Sound wendet. Umberto Echo kannten wir von seinen eigenen Dub-Releases und wussten auch von seinen Fähigkeiten als Mischer. Wir gaben ihm die kompletten Spuren mit der Prämisse, er dürfe damit alles machen was er für richtig hält; alle Delays und Tweaks die ihm gefallen. Auf seinen ersten Vorschlag haben wir uns dann regelmäßig zu Viert getroffen um gemeinsam weiterzuarbeiten. Er hat wirklich großartige Arbeit geleistet und den Sound unglaublich bereichert!“

Michael Arens: „Trotz allem Groove, der immer wieder auch aus Soul und Funk besteht, lebt euer Album ja auch von Jazz und erscheint auf einem auf Jazz spezialisiertem Label (Enja). Was würdet ihr der so genannten „Jazz-Polizei“, also den ganz elitären Jazz-Puristen, sagen, wenn sie das Fehlen von jener vermeintlich wichtigen, frei improvisierten Bebop/Free Jazz-Geschichte bemängeln würden?“

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Aktuelles Album: Organ Explosion – Level 2 (Enja Records/Soulfood)

Organ Explosion: „O.K. Unser Album erscheint auf einem Jazz-Label, aber eben auf einem Jazz-Label das mit der Zeit geht. Wenn jemand Bebop oder Free Jazz hören will, dann muss er sich ein Album kaufen, das sich mit genau dieser Stilistik ausweist. Wer unvoreingenommen gute Musik sucht, hat große Chancen, eine Entdeckung zu machen. Der Jazz entwickelt sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt weiter, sonst wäre er schon längst ausgestorben. Wir stehen für eine Art Jazz, der in die Beine geht, der Spaß macht  (auch dem sonst nicht so Jazzaffinem Publikum), und der vor allem ein buntes Klangerlebnis sein soll; ohne Regeln und Vorschriften. Jeder Künstler muss zwingend seine Musik kategorisieren, niemand kommt da raus, und übrigens macht das Kategorisieren auch keinem Musiker wirkliche Spaß. Und bei uns ist es eben die übergroße Schublade „Jazz“, weil in unserem Sound sehr viel Improvisation und auch viel Harmonik des Jazz  steckt. Interaktion und wortlose Kommunikation; zuhören, anbieten, ableiten, verfremden, weiterentwickeln, überraschen. Das sind die Formeln die wir benutzen und uns im Genre „Jazz“ Zuhause fühlen lassen. Aber Bebop oder Free Jazz ist es deswegen noch lange nicht, das weiß die Jazz-Polizei aber. Keine Sorge, niemand wird sich beklagen.“

Michael Arens: „Plant ihr bei einem eurer nächsten Projekte/Alben neben eurer instrumentalen Musik auch Gesang ein, oder ist das, zumindest als tragende Säule eines möglichen neuen Albums/Projektes, sozusagen ein „Tabu-Thema“?“

Organ Explosion: „Wir möchten doch ungern Eventualitäten ausschließen. Ganz vielleicht den Dudelsack… (lacht) Wir bekommen tatsächlich von unseren Hören immer wieder gesagt: „Wahnsinnig geil, ohne Gesang, wir haben gar nicht vermisst.
Das macht uns natürlich auch ein Stück weit Stolz und bestätigt, dass wir im Ansatz alles richtig machen. Wir lieben Instrumentalmusik sehr und sahen bis jetzt keine Notwendigkeit Gesang mit einzubinden. Vielleicht wird es ja aber irgendwann einen Vintage-Vocoder in unserem Instrumentarium geben, der seine Stimme ertönen lässt, oder aber einen Circuit-Bent-Sprachcomputer dem wir das Singen beibringen. Wir werden uns inspirieren lassen und unserem Herzen folgen!“

Michael Arens: „Was genau macht „Level 2″ Besonders?“

Organ Explosion: „Für uns liegt der Reiz, wenn man ein neues Album macht, darin, einen eigenen Kosmos zu erschaffen – man spielt und arrangiert eigene Musik, produziert sie mit viel Liebe –  bringt damit quasi auch seine eigene Ansicht, eigenen Style und seine ganze Persönlichkeit auf ein Medium. Das ist wie eine eigene Welt, die man sich selbst schafft, und durch das Album lädt man quasi alle ein, daran teilzuhaben. Alle Stärken, aber auch Schwächen finden darauf Platz. Je mehr Persönliches, Individuelles, ein Album enthält, desto stärker ist es. Wie ein Monats-Kapitel aus einem Tagebuch, das sich so nie mehr wiederholen lässt. Drei Menschen machen über einen gewissen Zeitraum Musik, nehmen diese auf, und laden dazu ein. Eine schöne Sache.“

Michael Arens: „Wie geht es weiter mit Organ Explosion?“

Organ Explosion: „Natürlich spielen wir dieses Jahr noch einige Konzerte. Unsere Routen gehen quer durch Deutschland und wir hoffen den Terminkalender noch weiter ausbauen zu können. Wir sind also wie immer auf der Suche nach den tollen Clubs in denen wir spielen können. Außerdem werden wir ein paar sehr coole Video-Ideen verwirklichen! Wir haben immer Lust, Musik zu machen und sind überzeugt von unserer Konstellation. Es gibt unglaublich viele Ideen; so wird es in der nächsten Zeit immer wieder Neues von uns zu hören geben…“

© Michael Arens

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